Luna Alcalay
Blasphemische Ouverturen I + II (Nachrichten, Nachrichten, Nachrichten)

Das StŸck beinhaltet eine textliche Zusammensetzung von assoziativen Sinn-Deutungen der Nachrichten, Parolen, Sentenzen, Reflexionen, AussprŸche, Gleichungen etc. Die funktionelle Auswertung des textlichen Index im Sinne einer dramaturgischen Konzeption geschieht in einer ãŸberhšhtenÒ exceptionellen Kooperation mit dem akustischen Material. Dabei bleibt es dem Hšrer Ÿberlassen, die daraus entstandenen summarischen EindrŸcke in eine ãDeutungs-WahrnehmungÒ Ÿberzuleiten.
Als Komponistin nahm Luna Alcalay schon frŸh Kontakte zur internationalen Avantgarde auf, besuchte die DarmstŠdter Ferienkurse und erhielt insbesondere durch Bruno Maderna mannigfache Anregungen.

Fabian Pollack
accrit.

Die Komposition ist von Stille und Ruhe dominiert, wobei einzelne KlŠnge fŸr sich selbst stehen. Die Verteilung der Instrumente im Klangraum ist entscheidend fŸr die Entwicklung des StŸckes. Beschleunigung und Verlangsamung sind zentrale Elemente, tonal ist eine Idee von osteuropŠischer Folklore auszumachen.
Fabian Pollack wurde 1979 in Wien geboren, seit 2000 beschŠftigt er sich als Gitarrist intensiv mit improvisierter Musik und ist GrŸndungsmitglied diverser Ensembles wie: Zur Wachauerin, brpobr, tŸtŸ., UNO, Kollektiv, Nifty«s Chuzpe, 3-Kanal, Liquor Dance and Music Company, G4.

Doug Hammond (Komp.)/ Tanja BrŸggemann (Arr.):
Blossoming Time Union, Everyone in Unison

ãLet us change a way and we make a new play now ! Helping folk realize we have now much work to do. No one can deny, hay, the world is in trouble, what we do, where we go, how we make this life to sing. To say now about what we know is: That we humans mess the world up. We must check it !Ò
Doug Hammond stammt aus Detroit / USA, ist ein stilprŠgender Drummer der internationalen Jazzszene und unterrichtet derzeit Schlagzeug am Brucknerkonservatorium / Linz.
Tanja BrŸggemann, geboren 1970 in Linz, Klavierstudium in Linz und London.
ãI immediately was fascinated by DougÔs Music and wanted to hear more, but I did not dare to ask him or even introduce myself. Three years later I was lucky to get to know him personally and study with him for three years.Ò

Aufgenommen live am 21. Dezember 2002 im Wiener Jazz & Music Club ãPorgy & BessÒ

Harald Bodingbauer, Sprecher / GŸnther Strahlegger, Sprecher
Sonja Korak, Flšten / Cornelia Pesendorfer, Oboe / Georg Riedl, Klarinetten / Balduin Wetter, Horn / Lorenz Raab, Trompete / Martin Ptak Posaune / Christian Heitler, Klavier / Tibor Kšvesdi, Klavier / Tanja BrŸggemann, Klavier / Christoph Cech, Klavier / Fabian Pollack, E-Gitarre / Berndt Thurner, Perkussion / Fritz Kircher, Violine / Helga Pšcherstorfer, Violine / Axel Kircher, Viola / Arne Kircher, Cello / Herwig Neugebauer, Kontrabass
Christoph Cech, Leitung


1. Fritz Spielmann/Stephan Weiss
gesungen von Hermann Leopoldi
ãSchinkenfleckerln! 2:45
2. Oskar Aichinger ã... da§ ich mich tŠusch'"
8:55
3. Harald Koelbl ãHaarschneidenÒ
13:30
4. Christoph Cech ãTon.Film.Reportage.Ò
14:37
5. Klaus Peham ãEngineering SpielmannÒ
14:46
Fritz Spielmann, 1906 in Wien geboren, pianistisches Wunderkind und SchŸler von Joseph Marx, avancierte in den drei§iger Jahren in der Wiener Kleinkunstszene zu einem bekannten Klavierentertainer und vielbeschŠftigten Komponisten von Unterhaltungsmusik. Er trat zunŠchst im legendŠren Kabarett Der Liebe Augustin und im Nachtklub Fiaker auf, komponierte u.a. fŸr ÇFrŠulein LilliÈ (mit Franziska Gaal und Hans Jaray, 1936) Filmmusik und schrieb zusammen mit Stephan Weiss Musicals und Revuen (u. a. das 1937 im Theater an der Wien uraufgefŸhrte ÇPam PamÈ). Sein 1936 komponierter Schlager ÇSchinkenfleckerln!È, in dem Çollaweil das Fleisch VersteckerlnÈ spielt, ist bis heute ein Evergreen geblieben.
Von den Nazis vertrieben, emigrierte Spielmann Ÿber Paris und Kuba in die USA. Er arbeitete zunŠchst in New York, wo er bald zu einer zentralen Figur der ÇWienerÈ Kleinkunstszene wurde, die sich um KŸnstleremigranten wie Hermann Leopoldi, Jimmy Berg und Karl Farkas geschart hatte. Spielmanns handwerkliches Talent und seine AnpassungsfŠhigkeit an die jeweiligen Trends des amerikanischen Musikbusine§ fŸhrten ihn schlie§lich nach Hollywood, wo er schnell zu einem gefragten Film- und TV-Komponisten wurde. Viele seiner 900 Songs wurden in den Interpretationen von Megastars wie Bing Crosby, Doris Day, Frank Sinatra, Dean Martin, Judy Garland, Sarah Vaughan, Nat King Cole oder Elvis Presley zu Hits. So lag ÇYou WonÕt Forget MeÈ in der Version von Shirley Horn und Miles Davis Ÿber Monate an der Spitze der internationalen Charts; fŸr ÇPaper RosesÈ erhielt Spielmann einen Grammy Award; und von seinem amerikanischen ÇFrŸhwerkÈ ÇShepherd SerenadeÈ wurden Ÿber eine Million Platten verkauft. Fritz Spielmann starb im MŠrz 1997 im Alter von 91 Jahren in New York.
Ein Jahr nach Spielmanns Tod kam Ð nicht zuletzt durch das hartnŠckige Engagement des Orpheus Trust, des ÇVereins zur Erforschung und Veršffentlichung vertriebener und vergessener KunstÈ um Primavera Gruber Ð sein Nachla§ nach Wien und wurde im MŠrz 1998 bei ÇSpring came back to ViennaÈ, dem Fritz-Spielmann-Festival im RadioKulturhaus und im Literaturhaus, prŠsentiert. In diesem Rahmen wurde durch das Janus Ensemble das Konzertprogramm ÇThe Metamagic of Fritz SpielmannÈ uraufgefŸhrt, in dem sich acht šsterreichische zeitgenšssische Komponisten mit der Musik und der Person Fritz Spielmanns auseinandersetzten. Vier StŸcke aus diesem Projekt sind nun auf dieser CD zu hšren.
Klaus Peham
Die Metamagie der Erinnerung Ð
IÕm gonna see a lot of you

You wonÕt forget me
Though you may try.
IÕm part of memories
Too wonderful to die.

(aus dem Spielmann-Song ÇYou wonÕt forget meÈ)

Allzuoft erschšpfen sich Hommagen und ÇTributesÈ in dem Ð manchmal durchaus gutgemeinten, nicht selten aber kalkuliert Çdas GeschŠft belebendenÈ Ð Kunstgriff der Mumifizierung, also der konservierenden Einbalsamierung (und damit beliebigen VorfŸhrbarkeit) ihrer Objekte. Oder es haftet ihnen etwas von einer kannibalischen Aneignung an, deren Ritual der (oralen) Einverleibung nichts anderes ist als die notwendige Vorstufe fŸr die finale (anale) Ausscheidung aus dem Korpus des kollektiven (kulturellen) GedŠchtnisses; das begleitende DiskursgerŸlpse erfŸllt dabei in der Regel die Funktion einer den Verdauungsvorgang befšrdernden ÇTafelmusikÈ Ð und ist seinem Wesen nach, so der Befund des Kulturphilosophen George Steiner, ÇparasitŠrÈ.
Weder in musealer Erstarrung noch in de-formierender (also die ÇFormÈ letztlich neutralisierender) Vereinnahmung Ð beides doch nur zwei Seiten ein- und desselben blechernen Spielgeldes Ð ist ein so vielschichtiger, kultur- und gesellschaftspolitisch noch lange nicht abgeschrittener Themenkomplex wie die ÇVertreibung des Geistigen durch den NationalsozialismusÈ heute adŠquat aufgehoben (man denke dabei nur an die vom ÇhochkulturellenÈ Establishment besetzten Debatten zur ÇRestitution von NaziraubgutÈ, ÇWiedergutmachungÈ oder dem ÇGeschŠft mit dem HolocaustÈ). Flexible, die standardisierten Ge- und Bedenkrituale unterlaufende Strategien, die durch eine originŠre Form der VergegenwŠrtigung die Šsthetisch und/oder historisch bedingten Konflikte und Bruchlinien eines von der Nazibarbarei ÇŸberschattetenÈ Îuvres aktualisieren und so fŸr die Erinnerungsarbeit erschlie§en, sind gefordert. Ein gangbarer Ansatz wŠre, in einem reibungsvollen GegeneinanderfŸhren von zeitgenšssischen und bereits zu ÇGeschichteÈ kondensierten kŸnstlerischen Modellen Ð in einer Art ÇDialog des DifferentenÈ also Ð aus den verwitterten Tontafeln der Altvorderen neue Funken zu schlagen, ihre Signaturen durch Einbettung in einen neuen Kontext neu zu lesen und die solcherart dynamisierten Vergangenheitsspuren fŸr die Gegenwart les- und damit nutzbar zu machen.
Das 1998 uraufgefŸhrte Programm ÇThe Metamagic of Fritz SpielmannÈ, das in seiner konzeptuellen Gestaltung und Intention an das 1995 realisierte Orchesterprojekt ÇTonáArt Plays Austrian Hollywood ComposersÈ anknŸpft, war nun als eine solche ÇVersuchsanordnungÈ gedacht, die diesen ÇDialog des IndifferentenÈ in Gang bringen sollte: Unpathetisch und ohne nostalgisch-verklŠrende Gedenkseligkeit reflektierten acht šsterreichische Musiker (vier davon hier auf dieser CD) Leben und Werk eines der erfolgreichsten austro-amerikanischen Unterhaltungskomponisten, der sich zwar in seinem Exilland (besser: Çneuen HeimatÈ), den USA, beachtliche Erfolge erschrieb, in seiner ÇaltenÈ Heimat (um die sich der ehedem Vertriebene angesichts der Hausse der Rechten noch kurz vor seinem Tod 1997 recht besorgt zeigte) aber heute vergessen ist.
Ein meta-kompositorischer Ansatz (also Musik Ÿber Musik), der sich aus einer bewu§t zeitgenšssischen Position heraus entfaltet, darf Ð gerade in Anbetracht der HeterogenitŠt der Spielmannschen Stimulanzien (europŠische Klassik und SpŠtromantik, Operette und Wienerlied, Swing und Musical) Ð Techniken der Neuen Musik ebensowenig aussparen wie Prozeduren des Jazz und der Improvisation. Dies spiegelt sich auch in der stilistischen Bandbreite der am Projekt beteiligten Komponisten wider, denen bei aller prononcierten EigenstŠndigkeit in der kŸnstlerischen Handschrift aber auch gemeinsam ist, da§ sie Ð in einer nachgerade sturen GleichgŸltigkeit sowohl musikalischen Dogmen als auch hypen Trends gegenŸber Ð die Demarkationslinien zwischen europŠischer Musik und Jazz, zwischen Moderne und Tradition, zwischen ÇhighbrowÈ und ÇlowbrowÈ sinnstiftend Ÿberschreiten und die Synergieeffekte, die sich aus dem selbstverstŠndlichen †ber- und Nebeneinander von unterschiedlichen Idiomen ergeben, nutzen.
Neben einer stilistisch breiten Palette an Spielmannschen Originalmusiken (vom Kabarettschlager bis zum Hollywoodfilmscore) standen den Komponisten auch Interviews, biographisches Material sowie Zeit- und Selbstzeugnisse aus dem Nachla§ (dessen ÇHeimholungÈ nach Wien durch den Orpheus Trust der eigentliche Anla§ fŸr dieses Projekt war) als ergŠnzende Arbeitsfolie zur VerfŸgung, denn ein gut Teil des Spielmann-Îuvres ist nur in Zusammenschau mit den Lebenslinien und den konkreten UmstŠnden seiner exemplarischen ÇExilantenkarriereÈ zu begreifen.
ÇDas ist ja immer schon so gewesen: der KŸnstler, der etwas Vorhandenes Ð womšglich von einer anderen Kunst oder einer anderen Zeit Ð nimmt und transportiert und auch verwandelt. Die Verwandlung ist ja das Legitime in der Kunst. Es wŠchst aus einer Sache, die da ist, etwas ganz anderes heraus. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, da§ man dann nichts mehr sieht.È (Arnulf Rainer)
Gleich, ob in Form einer freien, assoziativen Charakterstudie, ob bei filmischen Techniken der Montage oder in einem ÇstrengenÈ, analysebetonten Ansatz Spielmann-typische Routinen und Spezifika Ÿberhšht (ÇkristallisiertÈ) oder transformiert (ÇverflŸssigtÈ) werden Ð die vier Kompositionen auf dieser CD gehen Ÿber ein blo§es Bearbeiten und Re-Arrangieren von Originalvorlagen weit hinaus und verstehen sich als subjektive kŸnstlerische Statements zu einem der wichtigsten ÇWriter of the great American song-bookÈ.

ÇJeder Versuch ist ein všllig neuer Beginn und eine neue Art des Versagens.È (T. S. Eliot)

Oskar Aichinger
Ç... da§ ich mich tŠuschÕÈ

Mit meiner Arbeit versuchte ich eine Geschichte von Vertreibung und Emigration in gleichsam Çkonkreter AbstraktionÈ zu erzŠhlen, wobei mir als Katalysatoren dieser komponierten ÇShort storyÈ drei Lieder von Fritz Spielmann dienten: Zwei Balladen aus seiner amerikanischen Zeit, ÇI donÕt want toÈ und ÇIt only hurts for a little whileÈ, bilden den Rahmen, sprich: Anfang und Ende; die berŸhmten ÇSchinkenfleckerln!È stehen in der Mitte, aber nicht unbedingt im Zentrum.
Es ist ganz und gar meine Geschichte einer fiktiven Emigration, die ich natŸrlich nicht realiter erlebt habe Ð und hoffentlich nie erleben mu§. Ich ma§e mir keineswegs an, Spielmanns Erfahrungen, die ich bei aller BeschŠftigung mit seiner Person viel zu wenig kenne, kompositorisch zu verarbeiten, und habe daher auch schnell anfŠngliche Gedanken, O-Ton von Spielmann in der einen oder anderen Weise einzusetzen, bald als fŸr meine Absichten unpassend verworfen. Allerdings fŠllt schon auf, da§ er vornehmlich sentimentale Texte von Trennung und unmšglicher Liebe besonders stimmig vertont hat, was angesichts der ÇvitalenÈ ÇSchinkenfleckerln!È und anderer, Šhnlich gestimmter StŸcke aus seiner Wiener Zeit zu denken gibt.
Im Mittelteil zitiere ich in Ausschnitten ÇFahren! Fahren wir!È, ein Marschlied von Werner Egk aus dem UFA-Film ÇJungensÈ, das in Half-Time genommen gut mit den ÇSchinkenfleckerln!È zusammengeht und so gewisse assoziative Energien freimacht. Es ist in Fred K. Priebergs Standardwerk ÇMusik im NS-StaatÈ abgedruckt, zu dessen neuerlicher LektŸre mich die Arbeit an diesem Projekt animiert hat. Egk, der als gelernter und renommierter E-Musik-Komponist auch gerne Ð spŠter geleugnete Ð AusflŸge in das ÇU-GenreÈ der Propaganda unternommen hat, erschien mir als ein passender Antipode zu Spielmann. (Die unterschiedlichen gesellschaftspolitischen ÇInteressenlagenÈ ausblendend, kšnnte man die UFA als eine Art ÇMGM NazideutschlandsÈ bezeichnen.)

Harald Koelbl
ÇHaarschneidenÈ
Text: Sabine Kosztka

I.
Restless excitement in my mind and my thoughts,
Impatient awaiting the heyday of life.
Mysterious poets and blue-blood song writers,
High singers, grand actors and Hollywood wilders.

The journey begins in my head, on tiptoe.
What kind of dress, colour of hair, what sort of shoe?
What shall I wear? Make-up diamonic or smooth?
Maiden folly or sweetness? Ð ThereÕs so much ado.

At first sight, the mirror. And what do I see?
No! Awful! That isnÕt me, that isnÕt meÐ
Pooh! Away with those stories of woe and distrust.
A hairdresserÕs art turns a screw to a lady;
Very fair, brand new, cooled off slow ... oh gee!

II.
Das Fest beginnt. Schrill, glei§end, stumm. Zuallererst herbroter Wein. AbschŠtzige Blicke aus blasierten Gesichtern ... Weltkluges Benehmen, morbider Charme ... Vollmundige Reden Ÿber Kunst und Kultur; wohlgesetzt nach der Gunst des Augenblicks, fein nuanciert ...
Doch wo steckt der Sinn? ... Immerhin lŠ§t sich vieles sagen; vorausgesetzt, da§ es gemessen klingt in Ton und Form. Sogar schlitzohrige Teufeleien, kŸhn, unverhohlen, leichthin ...
Ha! Ein leichtes, auch so zu tun, als ob! ... Ich wage den Auftritt zu nŠrrischen Posen. Aber naiv, das steht mir gut. Ich spiegle mich, anstatt zu schauen. Hšre nur, was mir gefŠllt. Antworte niemals auf Fragen und vermeide es in jedem Fall, GesprŠche in die Tiefe hinunter zu ziehen ... Hingegen sage ich reichlich, was schmeichelt und ehrt ...
Mir glŸckt ... ein MeisterstŸck nach Art des Hauses; ein bi§chen verlogen, das spŸre ich wohl, dennoch bestechend natŸrlich ... Beinahe bin ich mit mir selber einig ...
Jetzt werden wir uns, Schritt fŸr Schritt, gemeinschaftlich die Sinne trŸben. Waltzes and laughter and love ever after ... Juch-he duli-uli-e, duli-uli-e, duli-uli-e, duli ... Die ganze Welt dreht sich um mich selber herum ...
Doch plštzlich dršhnt es in unertrŠglicher Tonart von ganz nah her an mein Ohr: ItÕs just a stiff and artificial pose ... Sardonisches GelŠchter. EissŠulen, die klirren im Dreivierteltakt. Hšlzern, modrige Gestalten, kahl und gesichtslos. Schlagen sinnlos wilde Kapriolen ... Wollen packen mich voll Geifer. Schon spŸre ich den kalten Griff ... Aber dann ... Schamlos rotes AlpenglŸhn ... und ... Suddenly so sweet, so strong, down from the hill came a song ... Ein unerbittlich lauter Schrei ...
Weg! Nur weg! Weit weg mit den monstršsen Bildern dieser Nacht! Im einzig richtigen Augenblick: Haarschneiden!

Christoph Cech
ÇTon.Film.Reportage - ein musikalischer Klon nach Fritz SpielmannÈ

Vorlage waren sieben Songs mit Titeln wie ÇMicky-Maus / Lied und Slow-FoxÈ, ÇHimmel noch einmal, bin ich verliebt / FoxtrotÈ oder auch ÇMein kleiner Tom auf dem Ozean / SongÈ, die einst als geschlossener Zyklus der fŸr die BŸhne konzipierten Nummernrevue ÇAchtung ... Gro§aufnahme!È entstanden sind.
Ich habe nun aus dem gesamten Textkorpus des Zyklus mir ins Auge springende SŠtze und Satzteile isoliert und diese Ð zum Teil mit den damit korrespondierenden Melodiefragmenten Ð zu einem neuen Gesangs-Plot montiert. Das damit einhergehende unausgesetzte ÇschizophreneÈ Hin- und Herspringen zwischen unterschiedlichen ÇunechtenÈ Ð weil ihrer jeweiligen organischen Kontexte entkleideten Ð GefŸhlssituationen legt Ÿber alle Schie§budenkomik ein schwebendes GefŸhl der Traurigkeit und Verlorenheit, das letztlich Ð nun als ÇechtesÈ Sentiment Ðden Ton des StŸckes ausmacht.

ÇPardon, Pardon, seit Stunden schon ... betrittst du irgendein Lokal ... ein dicker Stier ist mein Klavier ... aber nur nicht aus Liebe!È

Klaus Peham
ÇEngineering Spielmann Ð eine TorsionÈ

ÇTorsion (lat. Drillung, Verdrehung): in der Theorie der ElastizitŠt Deformation eines Kšrpers durch Verdrehung. T.festigkeit ist die Grš§e der Schubspannung, bei der der Kšrper bricht.È Der aus der Festkšrperphysik und Technik stammende Begriff bezeichnet ganz gut das vorherrschende Generierungsprinzip des ÇStŸcksÈ (AnfŸhrungszeichen deshalb, weil im Stadium der Rohfassung die aus Verformungsprozessen gewonnenen Teile der Komposition selbst wieder in sich verdreht, verbogen und zerbrochen wurden): In unterschiedlich gro§e Portionen segmentierte Floskeln aus Spielmann-Songs wurden in einen Ð je nachdem Ð (un-)musikalischen Schraubstock eingespannt, verdrillt und Ð was nicht immer nur Absicht gewesen sein kann Ð bis zur Kenntlichkeit/Lesbarkeit transformiert.
Das in der Originalversion gepfiffene Signalmotiv (wie sehr wŸnschte ich mir einen Kunstpfeifer im Ensemble!) der ÇShepherd SerenadeÈ (gÐaÐgÐeÐaÐg) diente als Motivbaustein (bestehend aus dem Tontriplett [g, a, e]) fŸr eine symmetrische, letztlich aber ÇschlechteÈ (weil quartendominierte) Zwšlftonreihe, deren Ableitungen als zentnerschwere Schraubstšcke im ganzen StŸck herumliegen. Keinen Deut eleganter dann etwa das subtraktive Verfahren: Stellen Sie sich vor, Sie klemmen zwischen die zwei Backen eines Schraubstocks (jeder davon selbst eine zwšlftšnige Reihe) eine dritte Reihe und schneiden aus ihr Ð sagen wir einmal Ð genau jene fŸnf Tšne, die eine bestimmte Spielmann-Melodie enthŠlt, nach und nach heraus (und zwischenspeichern sie; wer wei§ Ð vielleicht kšnnen Sie sie spŠter fŸr eine Begleitfiguration noch gut gebrauchen), und Sie werden sehen/hšren Ð der verbleibende siebentšnige, komplementŠre Torso entfaltet selbst erst recht wieder eine eigene tonale (besser: komplementŠr-tonale) Tendenz, die auch mit einem noch so krŠftigen Dreh am Schraubstock nicht zu bŠndigen ist ... et cetera et cetera.
DrŠngt sich jetzt nur die Frage auf: Ein tšnendes Horrorkabinett, voll mit monstršsen Schraubstšcken und verwachsenen Zwšlftonreihen Ð wie kommt da Fritz Spielmann ins Spiel (und einigerma§en unversehrt wieder heraus)? Die hingebogene Antwort: Erstens absolvierte der junge Spielmann vor dem Start seiner Musikerlaufbahn seinen Eltern zuliebe eine Technikerlehre; und zweitens hatte er gegen Ende seines Lebens von der Unterhaltungsbranche (also von der FremdvergnŸgungsindustrie) die Nase voll: ÇSo schreibÕ ich heute zu meinem eigenen VergnŸgen ein bi§chen wie Schšnberg.È DemgemŠ§ eine seiner letzten Kompositionen, die Kantate ÇAnd The Lord SaidÈ: ein in einen Erich-Wolfgang-Korngold-Schraubstock eingespannter spŠtromantischer Schšnberg. Sie sehen: Der Kreis (besser: der Schraubstock) schlie§t sich. Als quasi Meta-Schraubstock, in dem alle anderen Schraubstšcke eingespannt sind, diente das aus einem Spielmann-Interview zusammengeschraubte ÇLibrettoÈ (auch hier die schraubzwingenhaften AnfŸhrungszeichen nicht ganz zufŠllig), das in der Verdichtung und EngfŸhrung von RŸckblicken auf ein Emigrantenschicksal vielleicht noch am ehesten etwas von Spielmanns abgetšnter Melancholie und Ironie erahnen lŠ§t. Am gŸnstigsten wŠre es, sich das, was bei ÇEngineering SpielmannÈ so als ÇMusikÈ daherkommt, einfach wegzudenken.
ÇIrgendwie bin ich verschont worden, vielleicht weil die (Anm.: die Nazis) sich gesagt haben: ÜDŒ gibtÕs jŒ a SpielmanngassÕn!Ý ... In Amerika mu§te ich meinen Namen Šndern, weil sie gemeint haben: ÜFritz Ð des mua§ a Nazi sein!Ý ... Mein Onkel, a echter Ottakringer, hat mich spŠter ausgelacht: ÜDu bist jŒ jetzt a Coca-Cola-Trinker, du trinkst jŒ kan Steinheger mehr!ÝÈ



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